„Landschaft, die mich berührt, atmosphärisch dicht einfangen“
Eine Reflexion von Rüdiger Reeg über den Odenwald und das Ried als Motive

Wie bei allen meinen Bildern gehe ich auch bei den Motiven „Odenwald und Ried“ in eine innere Resonanz mit der Landschaft. Die Region ist meine Heimat. Hier wurde ich geboren, hier bin ich aufgewachsen und hier lebe ich auch heute noch. Ich fühle ein heimatliches Vertrauen. Mit meinen Arbeiten erlebe ich frühere Bilder auch aus meiner Kindheit, erinnerte Bilder, die mich prägten – nicht ein einziges Bild oder einen einzigen Ort, sondern die Fülle meiner gesamten Landschaft, ein durchaus auch unbewusster Vorgang.

„Die Felder, die Bäume, das besondere Licht“

Es sind nicht die Menschen, mit denen ich in meiner Kindheit zusammen lebte, es sind vielmehr die Landschaften, die Weite des Rieds, die Felder, die Bäume, das besondere Licht, alles begrenzt durch die Hügel des Odenwalds am Horizont. Dieser Horizont, diese Grenze des Blickes lässt mein Auge sich auf das Hiesige wenden, das Erdhafte, das Materielle.

„Mich nimmt die Farbe der Erde gefangen“

Das Spüren der Erde ist für mich wesentlich, gar nicht so sehr eine bestimmte Region des Odenwald oder des Rieds. Mich nimmt die Farbe der Erde, eines kleinen Fleckens Erde, gefangen, die sich im Himmel widerspiegelt.

Die Konzentration auf einen begrenzten Ort im Bild steht als Motiv durchaus im Gegensatz zu meinen Arbeiten über die Ostsee, die den Blick in die Ferne, in die unbegrenzte Weite freigibt. Das Verbindende in meinen Arbeiten bleibt jedoch die innere Resonanz, der erinnerte Klang, der das Gesehene auslöst.

„Über die Fotografie zurück zur Auseinandersetzung“

Diese Verbundenheit, dieses Wiedererkennen, das Mitschwingen im Wiederfinden des Odenwalds erlebte ich durch die Mitarbeit an dem Reiseführer „Odenwald mit Bergstraße, Darmstadt, Heidelberg“ von Stephanie Aurelia Runge, erschienen im Michael Müller Verlag. Frau Runge lud mich ein, für ihr Buch zu fotografieren. Über die Fotografie gelangte ich so zurück in die Auseinandersetzung mit meiner Heimat, die sich in meinen neuesten Arbeiten wiederfinden.

Der Odenwald oder das Ried mit den Hügeln am Horizont bannen den Blick auf einen Ort, der sich hier überall findet, ein Blick, der sich in einer ähnlichen Landschaft wiederholen lässt. Der Betrachter erkennt den Ort nicht an sich, aber er erinnert sich an die Atmosphäre, die kleine Orte mit Hügelketten und Tälern, Wäldern und Wiesen ausstrahlen. Ich erfasse die Landschaft, die mich berührt, und versuche, das Wesentliche atmosphärisch dicht einzufangen – eine Sublimierung meiner Gefühle oder deren Kompensation.

„Das kleine Format entspricht den Anforderungen“

Der „begrenzte“ Ort erforderte eine Änderung des Bildformates – ein mühevoller Umstellungsprozess im vergangenen Jahr. Das kleine Format entspricht den Anforderungen des Motivs: Ausschnitte eines wiederkehrenden Ortes. Und es entspricht auch der Malweise. Erst die kleinformatigen Arbeiten ermöglichen mir, die erinnerte Landschaft in einer Art „provisorischer“ Malweise mit pastosem Farbauftrag zu bilden. Die reduzierte Arbeit, die kleinen Ausschnitte des Motivs, lösen das Konkrete auf, ohne es dabei zu verlieren.